Beim Förderverein für die Berliner Bauakademie hat es einen Generationenwechsel gegeben. Der neue Vorstand will das Projekt nicht den Architekten überlassen.
Die Schinkelsche Bauakademie hat neue Freunde. Aus dem „Förderverein Bauakademie“ sind die „Freunde der Schinkelschen Bauakademie“ geworden. Dahinter steckt ein Generationenwechsel beim seit 30 Jahren bestehenden Förderverein, der auch mit einer inhaltlichen Neuorientierung einhergehen soll.
Neuer Vereinsvorsitzender ist Andreas Schulten. Fast zwei Jahrzehnte war er Vorstand beim Immobilienanalysten Bulwiengesa, Ende 2023 schied er dort aus. Nun will er neue Dynamik in die Diskussion um die Bauakademie bringen, sowohl was den Wiederaufbau des Gebäudes angeht, als auch die Inhalte, die dort verhandelt werden sollen. Nur zu zwanzig Prozent wolle man sich im Verein mit dem Gebäude beschäftigen, zu achtzig Prozent soll es um die Inhalte gehen.
Bereits das ist eine Verschiebung weg von den Schwerpunkten der Vorgängergeneration des Vereins um den langjährigen Vorsitzenden Wolfgang Schoele. Schulten und sein Team wollen noch mehr anders machen: „Dieses Reaktionäre, nur auf Ziegel, Ziegel, Ziegel Fokussierte, das werde ich nicht so machen. Auch nicht die enge Symbiose mit den historischen Mitte-Vereinen.“
In den vergangenen Monaten hatte es, vor allem aus der Architektenszene, immer wieder Kritik an einer vollständigen Gebäuderekonstruktion gegeben: In Zeiten der Klimakrise sei eine Rekonstruktion gerade für eine Bauakademie das falsche Zeichen. Ein Neubau für eine Bauakademie als Institution müsse auch äußerlich für eine „Ästhetik der planetaren Grenzen“ stehen.
Zu kompromissbereit?
Auch wenn er den Nachfolger selbst gesucht hat, ist Schoele daher besorgt, dass der neue Vorstand zu kompromissbereit ist: „Wenn man eine Rekonstruktion will, dann kann es gar keinen Kompromiss geben, was die Fassade und das Innere angeht“, sagt Schoele.
Trotzdem: Am Wiederaufbau des historischen Gebäudes hält Schulten fest – auch wenn eine Antwort zur Frage, was das denn genau heißen soll, nicht aus ihm herauszubekommen ist. „Soviel Schinkel wie möglich“ sei die Devise, „weil das Originalgebäude von Schinkel an diesem speziellen Ort symbolhaft für den eigentlichen Ursprung der europäischen Moderne in der Architektur steht“, sagt Schulten.
Gemeinsam mit der Stadtplanerin Lili Schäfer hat Schulten sich weitere Vorstandsmitglieder gesucht. Herausgekommen ist ein Team mit bestens vernetzten Köpfen der Immobilienwirtschaft: Stellvertretende Vorsitzende ist Sun Jensch, Geschäftsführin der Deutschen Agentur für Politikberatung und Gründerin der Koalition für Holzbau, weiteres Vorstandsmitglied Mathias Hellriegel, einer von Berlins umtriebigsten Immobilienanwälten. Schatzmeister ist Andreas Kühne aus der Geschäftsführung der Bauakademie Unternehmensgruppe, einem Nachfolgeunternehmen der einstigen DDR-Bauakademie.
Dass der neue Vorstand aus der Immobilienwirtschaft kommt, steht auch für die inhaltliche Ausrichtung, die man durchaus als Konkurrenz zur Bundesstiftung Bauakademie sehen kann, die vom Bund mit Aufbau von Gebäude und Institution betraut ist. Auch, wenn Schulten über deren Gründungsdirektor Guido Spars sagt, sie seien „langjährige Berufsfreunde“, und das Interesse der neuen Bauakademie-Freunde sei es, „ihn und sein Team zu unterstützen“.
„Überlasst die Bauakademie nicht den Architekten!“
Andreas Schulten,
neuer Vereinsvorstand der Freunde der Schinkelschen Bauakademie, war Vorstandsmitglied vonBulwiengesa.
Heute lenkt er den Förderverein der
Bauakademie in eine neue Richtung.
© promo
Die neue Institution dürfe in ihrem Inhalt nicht zu abstrakt und zu akademisch werden, fordert Schulten. Und: „Überlasst die Bauakademie nicht den Architekten!“ Man dürfe nicht lediglich über die Bauwende sprechen, über Lehm und über CO2-sparendes Bauen: „Das ist in zwanzig Jahren Schnee von gestern.“
Trotzdem geht es anscheinend auch ihm um Nachhaltigkeitsfragen, nur meint er, dass man sie anders, breiter und eben unter Einbeziehung der Immobilienwirtschaft diskutieren müsse: „Wir müssen auch darüber sprechen: Wie gehen wir mit Grundstücken um, was ist soziales Bauen, was ist Bauen auf dem Land, was ist Bauen in der Stadt?“
Die ganz große Frage sei, wie die CO2-Transformation im Gebäudebestand finanziert werden solle: „Wenn wir bisher schauen: Die ESG-Nachhaltigkeitsstandards kommen ja vom Finanzmarkt. Die großen Player wie Vonovia oder LEG Wohnen werden die ersten sein, die ihre Bestände klimaneutral gemacht haben und wohl weniger die privaten Einfamilienhausbesitzer.“
Zurückhaltung bei der Bundesstiftung
Die Bundesstiftung selbst reagiert zurückhaltend auf die neue Konstellation: „Es gibt Kontakt mit dem Vorsitzenden, aber es wurden noch keine konkreten Verabredungen getroffen“, sagt Pressesprecherin Kerstin Lassnig. „Wir sind da erst einmal neutral und warten ab, was die Pläne des neuen Vereinsvorstands sind.“
Fürs Erste sammelt dieser neue Mitglieder sowie Spenden für Veranstaltungen und die Einrichtung einer Geschäftsstelle. Die Kofinanzierung des Baus durch den Förderverein nach dem Modell des Fördervereins für das benachbarte Stadtschloss sei nicht geplant, sagt Schulten.
Die Gebäudefinanzierung soll also Sache der Bundesstiftung bleiben. Mit einem Hintertürchen: Schließlich ist da auch noch die Errichtungsstiftung Bauakademie, ein weiteres Projekt des ehemaligen Vereinsvorstands Schoele, aus dem dieser sich nicht zurückgezogen hat. „Wenn die Bundesstiftung Bauakademie irgendwann aus irgendwelchen Gründen in die Knie gehen sollte, dann ist da diese Errichtungsstiftung“, sagt Schulten. „Mit der hätten wir gegenüber dem Finanzamt ein Gefäß, in das wir alle Aktivitäten wieder reintragen könnten. Wolfgang Schoele ist in dieser Hinsicht auch einfach extrem clever, dass er da vorbereitet ist.“
TAGESSPIEGEL vom 07.04.2024 / von Teresa Roelcke